Ueber die Pflege der Camellia.Von Soulange - Bodin.Mehrere unserer Correspondenten beklagen sich über die Schwierigkeit der Erhaltung ihrer Camellien, und vorzüglich darüber, daß sie sich so selten nach einer ein- oder zweijährigen Cultur zum Blühen bringen lassen; so daß der Genuß des Besitzers in nichts besteht als in dem bloßen Besitz einer schönen grünen Pflanze. Die Camellia ist keineswegs ein zärtlicher Strauch und leidet gewöhnlich nur durch die übermäßige und übel angebrachte Sorgfalt, die man an sie verschwendet. Durch eine solche verkehrte Sorgfalt kränkeln oder sterben eine Menge anderer Pflanzen, in den Händen vieler Blumenfreunde; aber man achtet wenig darauf, weil man diese Pflanzen schon länger besessen hat, sie folglich weniger Intersees erregen und ihr Verlust weniger empfindlich ist. Die Camellia bedarf eine mittlere Temperatur, die so viel als möglich der ihres Vaterlandes nahekommt; eine zarte und substanzielle Erde, die eher hitzig und etwas trocken als kalt und feucht seyn darf; einen Standort, an welchem sie, wenn sie im Lande steht, vor der zu heftigen Einwirkung der Sonne geschützt ist und wo sie, wenn sie in einen Topf gepflanzt wird, im Winter den zu dieser Zeit gemäßigten Sonnenstrahlen, im Sommer aber der belebenden Kälte des Nordwindes ausgesetzt ist. Sie bedarf viel Luft, d. h. nicht viel Wind, sondern eine zugleich offene und ruhige Lage. Das erste ist,daß man die Camellia in kein zu großes Gefäß setzt. Man sollte eigentlich diese Bemerkung gar nicht nötig haben, aber man braucht nur in unsere berühmtesten Gärten zu gehen und man wird finden, daß sie nicht bloß um der Blumenfreunde willen hier gemacht werden mußte. Und doch ist die strenge Beziehung zwischen dem Enthaltenden und dem Enthaltenem, das nothwendige Verhältniß zwischen dem Durchmesser des Topfes und dem Durchmesser des Erdballens ein höchst wesentlicher Umstand, gewissermaßen ein Gesetz der Cultur und der gegentheilige Irrthum sollte nur die verleiten, welche glauben: die Pflanze ernähre sich nur von der Erde, die man um ihre Wurzeln legt. Was diese Erde betrifft, so würde man wieder in einen anderen Irrthum verfallen, wenn man glauben wollte, die Camellia müßte durchaus Haideerde haben und die unüberlegte Anwendung dieser Erde ist der Faulheit nur zu günstig geworden. Die Camellia befindet sich weit besser in einer guten milden Dammerde1, die sandig ist oder die man durch Zusatz von ein Drittel feinem Sand oder Haideerde nebst einem andern Drittel von gutem Blattdünger herrichtet. Dieser Compost, der im Augenblick seiner Zubereitung verwendet wird, läßt zwar das Wasser durchdringen, saugt aber doch eine genügende Quantität davon ein und behält es zurück; er läßt sich leicht von den Wurzeln durchdringen, ist der atmosphärischen Einwirkung geöffnet und bewahrt lange ein Gährungsprincip, das sowohl zur unterirdischen Entbindung der Gasarten, die in die Pflanzen eindringen, als auch zur Zersetzung des Kohlenstoffs mitwirkt. Begießen muß die Camellia immer nur sehr mäßig: ein wenig reichlicher zur Zeit der Blüthe und der großen ausdehnenden Bewegung des Safts, aber im Zustand der Ruhe sehr wenig. Es ist ebenfalls ein Culturgesetz, daß die Pflanzen in Töpfen für ihre Wurzeln nur wenig Wasser bedürfen. Nichts entkräftet die Pflanzen so sehr, als diese beständige Ueberschwemmung ihrer unteren Theile. Der Zustand der Erweichung und Erschlaffung, in welchen die Organe verfallen, theilt sich bald den obern Extremitäten mit, und das ist der Hauptgrund, weshalb die jungen geschwächten Pflanzen im geringsten Sonnenstrahl oder bei'm schwächsten Wind verwelken und warum die Knospen, die mit kraftlosen Säften getränkt sind, so leicht abfallen oder sich nur unvollkommen zu geruch- und farblosen Blumen öffnen. Nicht die Wurzeln, sondern die Atmosphäre sollte man dem Strahl der Gießkanne aussetzen; denn in einer elastischen und gehörig mit Wasser geschwängerten Atmosphäre schöpfen die Pflanzen am liebsten ihre Lebenskraft und besonders diejenigen, deren Organisation vermöge ihrer großen bleibenden Blätter mehrere grüne Oberflächen darbietet. Diese Wohltat kann man den Pflanzen sehr leicht gewähren, wenn man auf ihren Sommerstandort einige Rücksicht nimmt. Die nördliche Lage scheint uns die günstigste; hier hat die Luft mehr Elasticität und Frische, und ein solcher Standort macht sich um so nöthiger, je mehr man sich den südlichen Ländern nähert, wo selbst diese Lage nicht immer gegen die glühende Atmosphäre schützt. Hat man aber einen passenden Standort für die Camellien während des Sommers gewählt, so ist nur noch ein's zu fürchten, nämlich die starken anhaltenden Regengüsse, die zuweilen während unserer schönsten Sommermonate eintreten. Es bleibt dann nichts übrig, als seine Pflanzen während des bösen Wetters unter Dach zu bringen; denn ich wiederhole es, die zu große Nässe verhindert ganz besonders das Blühen der Camellia. Wenn man die Camellien im Frühjahr nach der auf die Blüthe folgenden Saftbewegung umgesetzt hat, so sitzen die Blüthen des nächsten Jahres viel fester, ihre Knospen werden größer und sie entfalten sich vollständiger und schöner, als wenn man sie im Herbst umgesetzt hat. Bei dem Umsetzen muß man wohl auf die Wurzeln achten, die leicht schwarz und faul werden, besonders wenn die Töpfe auf einem zu frischen, festen und von Würmern angefüllten Boden stehen. Dieser Boden muß sandig seyn und darf das Wasser nicht zurückhalten; die Töpfe werden nur zum Theil eingegraben, und würden auf einer mit porösen Backsteinen getäfelten Rabatte noch besser stehen. Im Gewächshaus bringt man sie auf die Gestelle oder Stufen, die den Fenstern am nächsten stehen, und im Lauf des Winters muß man eine Seite der Pflanze nach der andern dem Lichte zukehren. Wenn man sie während dieser Jahreszeit wegen der Schönheit ihrer Blüthen als Zierpflanzen in die Zimmer2 bringt, so muß man sie sobald als möglich wieder in das Gewächshaus setzen, denn der Stand im Zimmer ist ihnen weit nachtheiliger als den Pomeranzenbäumen und den Daphneen. Wenn trotz aller sorgfältigen Behandlung eine Camellia kränkelt, so giebt es ein Mittel, ihr schnell die Gesundheit wiederzugeben: man braucht sie nur einige Monate lang in einen gehörig zubereiteten Boden an einem luftigen Standort in die Erde zu setzen, wobei man aber den Käse3 unberührt läßt. An der Rückkehr der kräftigen Vegetation erkennt man den Zeitpunct, wo sie wieder in den Topf gesetzt wird, was jederzeit geschehen muß, ehe die Wurzeln, die neuen kräftigen Saft reichlich eingesaugt haben, aus ihrem Käse heraus in die umgebende Erde gedrungen sind. Auf dieselbe Weise kann man auch viele andere kränkelnde Pflanzen wieder herstellen. Diese Eizelnheiten werden allerdings unterrichteten Gärtnern kleinlich erscheinen; aber den Blumenfreunden, die oft wenig Erfahrung haben und glauben könnten, eine neue Pflanze bedürfe auch einer ganz neuen Wartung, werden sie angenehm seyn, und darum haben wir sie mittheilen wollen. Man nützt gewiß dem Interesse der productiven Industrie, wenn man dem consumierenden Privatman Anleitung zu seinem Vergnügen giebt; es liegt im Interesse des Handels, den Geschmack an Pflanzen immer allgemeiner zu verbreiten, aber der vernünftige Mannwird sich immer fern von einem Vergnügen halten, das ihm zu viel kostet, oder dem die Reue auf dem Fuße folgt. Wir erkennen es für unsere Pflicht, Notizen dieser Art zu verbreiten und werden sie so oft erfüllen, als die verschiedenen Fragen, die von allen Seiten an uns gelangen, uns in den Stand setzen, die Antworten in einem Aufsatze zu vereinigen. Wir fordern zu solchen Fragen auf und werden sie immer nach unserer persönlichen Erfahrung beantworten. Anmerkungen K.P.: 1)Dammerde = Erdkrume, oberste Schicht bei kultivierter Erde. 2)Die Zimmer waren damals noch ungeheizt. 3)Offensichlich der Wurzelballen. |
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