[ Bibliographie ]

Allgemeines Teutsches Garten Magazin, Jg. V., 1808, pp. 463-464.

Blumisterei:

Vermehrung der Camellia Japonica durch Stecklinge.

Von Herrn Mäser.

   Zu diesem Endzwecke bringe ich im Monat December eine starke gesunde Pflanze dieser Art aus dem Orangenhause in ein Treibhaus, das zur Blumentreiberei bestimmt ist, und von 10 bis 12 Grad Reaumur warm gehalten wird, und pflege sie hier gehörig, wo sie dann vom Januar bis in den März prachtvoll blühet und auch sehr früh gute gesunde Triebe macht.  Diese Camellia bringe ich dann im Monat Mai mit den Orangehauspflanzen, wie gewöhnlich, in die freie Luft, in der nun die jungen Triebe vollens gegen das Ende des Junius hart und zu dieser Absicht tauglich werden, während jene Camellien, die im Orangehause blieben, jetzt erst im Wachsen begriffen sind, und vor dem Augustmonate nicht hart werden können.

   In der letzten Woche des Junius richte ich nun einen Mistbeetkasten auf folgende Art vor:

   Ich lasse gewöhnlich die Grasplätze in den englischen Partieen des guten Aussehens wegen mehrere Male im Sommer abmähen;  dieses Gras hernach zu der Zeit, wenn ich den Mistbeetkasten vorrichten will, nur halb trocken machen, und wenn es so ist, statt des Pferdedüngers in den Kasten gehörig schichtweise eintreten, aber nicht begießen.  Die Höhe der Schicht ist, wenn das Heu angetreten ist, 1 1/2 Fuß.  Nun bringe ich vor der Hand 3 Zoll hoch gute alte Schlammerde, die mit altem, ganz vererdeten Kuhdünger und ein wenig feinem Sande gut vermischt ist, darauf (diese Erde muß aber lange zuvor gemischt worden seyn, und dann vor dem Gebrauche gesiebet werden);  lege Brettladen über das Beet, und erwarte jetzt das Erhitzen desselben.  Ist dieses, so bringe ich nun noch 7 bis 8 Zoll von dieser Erde darauf, und lasse das Beet so lange ruhig liegen, bis ich nur noch eine sehr subtile Wärme in der Erde spüre.  Nun wird das Beet noch einmal geebenet und mit der Schaufel etwas angedrückt, und bei trüben Wetter, oder wenn dieses nicht wäre, früh oder gegen Abend, zur Pflanzung der Stecklinge geschritten.

   Hierzu wähle ich bei der Camellia, wie oben gesagt, die heurigen Triebe von drei, höchstens vier Zoll Länge, diese trenne ich so von den Zweigen, daß ich den Wulst an dem Triebe oder Stecklinge mit erhalte;  allein dieses gehet ohne ein scharfes Messer nicht gut, und auf folgende Art am besten:  Ich drücke das Messer dicht unter dem untersten Blattstiele des Stecklinges da, wo er an dem Zweige angewachsen ist, querüber, etwas in den Zweig der Mutterpflanze, und ziehe nun den Steckling schnell an mich, wodurch er mit dem Wulste abgeschlitzt wird, ohne der Mutterpflanze eine große Wunde zu machen.

   Die Blätter an dem Stecklinge lasse ich sorgfältig und unbeschnitten nicht nur bei diesen, sondern an allen anderen Gattungen von Stecklingen stehen, und sorge dafür, daß hauptsächlich das unterste Blatt, dessen Stiel den Wulst unten umfasset, unbeschädigt mit in die Erde gepflanzt werde;  dieses hat seinen großen Nutzen, denn die Blätter sind ja die Organe der Ernährung an den Pflanzen!  Gewöhnlich ragt von dem untersten Blattedes Stecklings nur die Spitze über die Erde, wenner gepflanzt ist, und doch hält sich dieses Blatt immer grün und frisch;  ein Beweis, daß es nicht ohneMitwirkung seyn kann.  Ich finde seit mehreren Jahren, daß die Stecklinge, wenn man ihnen die Blätter läßt, weit besser gedeihen, als ohne Blätter.

   Als Beispiel mögen folgende dienen, die ich auf diese Art durch Stecklinge in den Sommermonaten erzogen habe:  Camellia Japonica;  Azalea nudiflora;  Lampertia formosa;  Protea div. Sp.;  Embothrium linifolium;  Magnolia glauca;  M. purpurea;  Daphne odorata;  Fabricia laevigata;  Metrosideros div. Sp.;  Mimosa divaricata;  Sophora microphylla;  Clematis florida;  Gardenia florida.  Alle Jasminarten und viele andere.

   Sind die Stecklinge fertig, so werden sie auch sogleich gepflanzt, und zwar einen Fuß vom untersten Brette des Kastens so tief, daß nur ein Zoll davon über die Erde ragt;  man drücket sie gehörig an, und pflanzt eine Menge andere Stecklinge von Pflanzen, die man gern vermehren möchte, mit in das Beet auf den übrigen Platz, wobei man für die holzartigen den Unteren und mittleren, und für die kraurartigen den oberen Raum des Beetes benutzen, und selbst manche tropische Pflanze in diesem Beete durch Stecklinge vermehren kann;  so sind mir zum Beispiel die Stecklinge von Cestrum, Gardenia florida, Hibiscus rosa Sinensis, Achania malvaviscus, Vinca rosea, Eranthemum pulchellum und andere recht schön in diesem Beete angewachsen.  Man gießt nunAlles mit der Spritze gut an, und legt Oelpapierfenster auf das Beet.  Bei warmen Wetter wird von früh bis Abends 4 Zoll unter jedes Fenster Luft, und von 10 bis 3 Uhr etwas Schatten während der ersten 14 Tage gemacht.  Ist Regenwetter, so werden die Fenster ganz abgelegt;  nach sechs Wochen aber die Papierfenster ganz weg und Glasfenster aufgelegt und ferner gefleget.  Mit der neunten Woche ( oft noch eher ) sind auch diese nicht mehr nöthig, und man hat nur für gehöriges Bespritzen zu sorgen.

   In 10 bis 12 Wochen haben die Camellienstecklinge meistens Wurzeln und werden nun in Töpfe gesetzt.  Findet man welche, die nur erst Knorpel hätten, so setze man sie deswegen getrost in ihren Topf,, sie werdensich ansaugen und im kommenden Frühjahre fröhlich fortwachsen.  Diese Töpfe stellt man nun alle wieder in einen Mistbeetkasten unter Glas, beschattet und wartet ihrer bis sie angewachsen sind.  Diejenigen aber, die nur Knorpel hatten, stellt man im künftigen Frühjahre nochmals in ein Mistbeet, in dem sie sich bald erholen werden.

Zwickau, im November 1808.
Mäser.


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